Vorabpauschale bei thesaurierenden ETFs – einfach erklärt
Thesaurierender ETF im Depot, aber keine Ausschüttung auf dem Konto – und trotzdem kommt das Finanzamt? Genau darum geht es bei der Vorabpauschale.
1. Was ist die Vorabpauschale überhaupt?
Seit der Investmentsteuerreform 2018 gibt es für Investmentfonds und ETFs in Deutschland die sogenannte Vorabpauschale. Sie soll sicherstellen, dass du auch dann regelmäßig Steuern zahlst, wenn dein Fonds Gewinne im Fonds behält (thesauriert) und keine oder nur geringe Ausschüttungen fließen.
Einfach gesagt: Die Vorabpauschale ist eine fiktive Mindestversteuerung auf Wertzuwächse im Fonds, die dir einmal im Jahr zugerechnet wird – unabhängig davon, ob du Anteile verkaufst oder nicht.
2. Für wen ist die Vorabpauschale relevant?
Besonders wichtig ist sie für Anleger, die in thesaurierende ETFs investieren, also Produkte, bei denen Erträge (z. B. Dividenden) nicht ausgeschüttet, sondern automatisch wieder im Fonds angelegt werden.
- Thesaurierende ETFs: Vorabpauschale ist typischerweise relevant.
- Ausschüttende ETFs: In vielen Fällen wird die Vorabpauschale durch die bereits erfolgten Ausschüttungen „aufgebraucht“.
- Alte Verluste/hoher Freibetrag: Wenn dein Sparer-Pauschbetrag (1.000 € / 2.000 € bei Zusammenveranlagung) noch nicht ausgeschöpft ist, kann die Bank die Vorabpauschale damit verrechnen.
3. Wann wird die Vorabpauschale fällig?
Die Vorabpauschale wird immer für das vergangene Kalenderjahr berechnet und gilt als am 1. Januar des Folgejahres zugeflossen. Deine Depotbank führt dann – soweit möglich – direkt die Abgeltungsteuer (zzgl. Solidaritätszuschlag und ggf. Kirchensteuer) ab.
Wichtig: Die Vorabpauschale wird nur fällig, wenn der Fonds im betreffenden Jahr tatsächlich im Wert gestiegen ist. Bei sehr schwachen oder negativen Märkten kann sie auch auf 0 fallen.
4. Wie wird die Vorabpauschale berechnet? (vereinfacht)
Die exakte Berechnung ist recht technisch, aber vereinfacht kannst du dir den Mechanismus so vorstellen:
- Es wird ein Basisertrag ermittelt. Dafür wird der sogenannte Basiszins (von der Bundesbank veröffentlicht) mit dem Wert deiner Fondsanteile zu Jahresbeginn multipliziert.
- Von diesem Basisertrag werden Ausschüttungen des Fonds im Jahr abgezogen.
- Die resultierende Vorabpauschale ist zudem gedeckelt: Sie darf nicht höher sein als der tatsächliche Wertzuwachs im Jahr.
- Auf die so ermittelte Vorabpauschale wird – nach Abzug der Teilfreistellung (z. B. 30 % bei Aktien-ETFs) – die Abgeltungsteuer berechnet.
5. Was bedeutet das praktisch für dein Depot?
Auch wenn es sich kompliziert anhört: Für die meisten Privatanleger ist die Vorabpauschale in der Praxis recht unkompliziert.
- Deine Depotbank berechnet und führt die Steuer automatisch ab.
- In der Jahressteuerbescheinigung siehst du, wie hoch die Vorabpauschale war und wie viel Steuer einbehalten wurde.
- Hast du noch Sparer-Pauschbetrag frei, wird dieser zuerst genutzt, bevor real Geld vom Verrechnungskonto abfließt.
- Beim späteren Verkauf der ETF-Anteile werden bereits versteuerte Vorabpauschalen berücksichtigt, damit du nicht doppelt besteuert wirst.
Wichtig ist vor allem, dass du verstehst, warum Anfang des Jahres plötzlich Steuer abgebucht wird, obwohl du gar nichts verkauft hast – das ist in vielen Fällen die Vorabpauschale.
6. Thesaurierend vs. ausschüttend – macht die Vorabpauschale den Unterschied?
Eine häufige Sorge: „Lohnt sich ein thesaurierender ETF überhaupt noch, wenn es die Vorabpauschale gibt?“ Die Antwort ist in den meisten Fällen: Ja.
- Die Vorabpauschale sorgt nur für eine zeitliche Verschiebung eines Teils der Steuerlast nach vorne.
- Langfristig ist die Steuerbelastung zwischen thesaurierenden und ausschüttenden ETFs meist ähnlich.
- Viel entscheidender sind: Asset-Allokation, Kostenquote (TER) und dein Anlagehorizont.
Wenn du langfristig Vermögen aufbauen möchtest, solltest du die Vorabpauschale kennen – aber sie sollte nicht das einzige Kriterium bei der ETF-Auswahl sein.
7. Video-Tipp: Vorabpauschale verständlich erklärt (Finanztip)
Eine sehr gute und anschauliche Erklärung zur Vorabpauschale findest du im Video von Finanztip auf YouTube. Dort werden die wichtigsten Punkte noch einmal grafisch und mit Beispielen durchgegangen.
8. Fazit: Vorabpauschale kennen – aber entspannt bleiben
Die Vorabpauschale ist kein „zusätzlicher Steuerhammer“, sondern ein Mechanismus, mit dem der Staat laufende Wertsteigerungen thesaurierender Fonds teilweise vorab besteuert. Sie gehört einfach zum steuerlichen Alltag von ETF-Anlegern dazu.
Wichtig ist vor allem:
- Verstehen, warum Anfang des Jahres Steuern abgebucht werden,
- dass die Bank die technische Berechnung übernimmt,
- dass bereits gezahlte Vorabpauschalen beim Verkauf berücksichtigt werden.
Wenn du langfristig investierst, einen passenden ETF-Mix hast und deinen Sparer-Pauschbetrag nutzt, ist die Vorabpauschale nur ein Baustein im großen Bild – aber keiner, vor dem du Angst haben musst.
