Zwischen 2015 und 2024 sind die Angebotsmieten in Berlin um 96,9 % gestiegen – also fast eine Verdopplung innerhalb von nur neun Jahren. Im gleichen Zeitraum lag der Bundesdurchschnitt bei +49,6 %. Berlin ist damit ein Extrembeispiel für einen völlig überhitzten Wohnungsmarkt.
Die politische Standardreaktion lautet: Mietpreisbremse, Mietendeckel, mehr Regulierung. Doch genau diese Instrumente können langfristig sogar zu noch höheren Mieten führen. In diesem Artikel schauen wir uns an, warum das so ist – und welche Alternativen es gibt.
1. Was die Zahlen wirklich zeigen
Ein Mietanstieg von fast 100 % bedeutet:
- Haushalte mit mittleren und niedrigen Einkommen werden massiv belastet,
- immer mehr Menschen müssen einen überproportional hohen Teil ihres Einkommens fürs Wohnen ausgeben,
- Stadtviertel gentrifizieren, während einkommensschwächere Gruppen an den Stadtrand gedrängt werden.
Die Ursache ist im Kern keine „Gier“, sondern ein grundlegendes ökonomisches Problem: Zu wenig Angebot trifft auf zu hohe Nachfrage. Genau hier setzt die Diskussion um die Mietpreisbremse an.
2. Warum Mietpreisbremsen kurzfristig helfen, aber langfristig schaden
Auf den ersten Blick klingt eine Mietpreisbremse logisch: Man deckelt Mieterhöhungen und schützt damit Bestandsmieter. In der Praxis entstehen jedoch mehrere Nebenwirkungen, die den Markt aus dem Gleichgewicht bringen.
2.1. Investitionen in Neubau werden unattraktiver
Neubau ist teuer: Grundstückspreise, Bauvorschriften, Auflagen, hohe Zinsen. Wenn zusätzlich die Mieteinnahmen politisch begrenzt werden, sinkt die Rendite. Die Konsequenz:
- weniger Projekte werden geplant,
- Investoren wandern in andere Städte oder Länder ab,
- das ohnehin knappe Wohnungsangebot wächst langsamer oder stagniert.
Weniger Neubau bedeutet auf Sicht: das knappe Angebot bleibt bestehen – die Mieten steigen dort, wo keine Bremse gilt, umso stärker.
2.2. Sanierungen und Modernisierungen werden zurückgestellt
Eigentümer, die ihre Kosten für energetische Sanierung, Instandhaltung und Modernisierung nicht mehr ausreichend über Mieten refinanzieren können, verschieben Investitionen. Folgen:
- Wohnungsbestand altert,
- Energieeffizienz bleibt auf der Strecke,
- die Qualität des Wohnraums sinkt mittel- bis langfristig.
Unter dem Strich wird nicht das Leben günstiger, sondern nur der Anreiz zur Instandhaltung schwächer.
2.3. Verknappung des Angebots treibt die Preise an anderer Stelle
Sobald stärkere Regulierungen kommen, reagieren viele Eigentümer:
- Wohnungen werden verkauft statt vermietet (Umwandlung in Eigentum),
- neue Wohnungen werden lieber hochpreisig im nicht regulierten Segment angeboten,
- kurzfristige Vermietungsformen (z. B. möblierte Apartments) nehmen zu.
Der Effekt: Der regulierte Markt schrumpft, der unregulierte wird teurer. Am Ende leiden vor allem diejenigen, die neu eine Wohnung suchen oder umziehen müssen.
3. Angebot statt Deckel: Was wirklich helfen würde
Wer langfristig bezahlbare Mieten möchte, muss die Ursachen des Mangels beheben – nicht nur Symptome bekämpfen. Dazu gehört vor allem:
3.1. Mehr und schneller bauen
- Verkürzung von Genehmigungsverfahren,
- Reduktion überzogener Bauauflagen,
- digitale Bauanträge und klare, verlässliche Regeln.
Je schneller und planbarer gebaut werden kann, desto eher entsteht ein echter Wettbewerb um Mieter – und das senkt die Mieten nachhaltiger als jeder Deckel.
3.2. Steuerliche Anreize für Neubau und Sanierung
- verbesserte Abschreibungsmöglichkeiten für Wohnungsneubau,
- Förderprogramme für energetische Sanierung statt reiner Verbote,
- attraktive Modelle für privaten und institutionellen Wohnungsbau.
Wenn Investitionen sich lohnen, fließt Kapital in den Markt – und schafft Wohnraum.
3.3. Bauland aktiv ausweisen, statt Flächen zu blockieren
Ohne Bauflächen gibt es keinen Neubau. Städte und Gemeinden müssen:
- zusätzliche Flächen ausweisen,
- Nachverdichtung dort zulassen, wo es sinnvoll ist,
- Planungsprozesse vereinfachen und entpolitisieren.
Urbanes Wohnen braucht Raum – nicht nur in der politischen Debatte, sondern ganz konkret auf der Landkarte.
4. Sozialer Ausgleich ja – aber mit marktwirtschaftlicher Grundlage
Das bedeutet nicht, dass der Staat gar nichts tun sollte. Gezielter sozialer Wohnungsbau, Wohngeld und Unterstützung für einkommensschwache Haushalte sind wichtige Instrumente. Aber sie sollten auf einem Markt aufsetzen, in dem Bauen sich lohnt und Angebot entstehen kann.
Eine Politik, die nur deckelt und bremst, ohne die Angebotsseite zu stärken, verschiebt das Problem in die Zukunft – und macht es oft größer.
Fazit: Bezahlbares Wohnen braucht mehr Wohnungen, nicht nur neue Gesetze
Die Mietexplosion in Berlin zeigt, wie dramatisch ein Wohnungsmarkt kippen kann, wenn Angebot und Nachfrage völlig auseinanderlaufen. Mietpreisbremsen können kurzfristig einzelne Mieter schützen, lösen aber nicht den Kern des Problems.
Ohne massiven Neubau, weniger Bürokratie und klare Investitionsanreize wird Wohnen in den Metropolen weiter teurer werden – egal wie viele Deckel und Bremsen beschlossen werden.
Hinweis: Dieser Artikel stellt keine Rechts- oder Anlageberatung dar, sondern spiegelt eine ökonomische Einschätzung zum Wohnungsmarkt wider.
